Gut Ding braucht Weile, sagt eine alte Redewendung, was ja bekanntlich heißen soll, dass man bei manchen Sachen abwarten muss, bis sie richtig gut sind. Im Bezirk Jakomini dauert diese Weile für die seit langem angekündigten Platzgestaltungen nun doch schon sehr lange. Da kommt einen mittlerweile doch vielleicht ein anderes Sprichwort in den Sinn – Kommt Zeit, kommt Rat. Mit dem zuletzt von Nicole Pruckermayr im Bereich Wielandgasse Ecke Schönaugasse umgesetzten Projekt „Hier könnte ein Baum stehen“ ist es höchst an der Zeit, dass auch in Jakomini die anstehenden Platzgestaltungen in der städtischen Prioritätenliste ganz nach oben zu reihen. Und dies aus gutem Grund. Denn wie wir wissen verursachen vor allem Hitze und Feinstaub auch massive gesundheitliche Folgen nach sich. Wenn die Stadt Graz und die Kommunalpolitik die zukünftig zu erwartenden dramatischen Veränderungen sowie die Lebensqualität der Bürger*innen in dieser Stadt ernst nimmt, so hat sie umgehend zu handeln.
Gerade Lärm, Feinstaub, CO2 und Hitze belasten besonders in den Sommermonaten die Bewohner*innen und machen das Leben in der Stadt heute oftmals schon unerträglich. Der Klimawandel tut sein übriges dazu, denn die Zahl der Hitzetage – mit Temperaturen von über 30 Grad Celsius – haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Waren es zwischen 1981 noch jährlich knapp fünfzehn, so sind es jetzt bereits an die dreißig Hitzetage im Sommer und laut Prognose ist die Tendenz stark steigend. Nicht umsonst machen sich Forscher*innen rund um den Globus darüber Gedanken, wie man in verdichteten Stadtmetropolen das Stadtklima in den Griff bekommen kann. Einig ist man sich darüber, dass gerade Pflanzen die Auswirkungen von Urbanisierung und Klimawandel mildern können. An heißen Sommertagen können – wie die tieferstehende Grafik zeigt – im Bereich der Baumschatten um bis zu zehn Grad kühler sein.
Für die Erholung der Stadtbewohner*innen ist daher ein Netz an kleinen Grünoasen mit Baumpflanzungen extrem wichtig. Auf der einen Seite kann man damit die Hitze reduzieren und auf der anderen Seite auch zusätzliche Aufenthaltsräume für die Bevölkerung schaffen. Zusätzlich reinigen diese die Stadtluft und binden das Wasser nach starken Regenfällen. Doch damit nicht genug: Natur in der Stadt tut nicht nur dem Klima gut, sondern auch Körper, Geist und Seele. Es kommt also nicht von ungefähr, dass genau dort, wo die Städte am dichtesten bebaut und damit versiegelt sind, der Wunsch nach Natur oft am größten ist.
Anhand der historischen Temperaturdaten der ZAMG Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik hat Addendum (Anm.: Die Plattform addendum.org von RedBull wurde mittlerweile eingestellt) im Jahre 2019 für die Gemeinden in Österreich Klimadaten für die Vergangenheit und Zukunft aufbereitet. Für die Stadt Graz ergaben sich dabei folgende Ergebnisse:
Für die tieferstehende Grafik der Temperaturentwicklung von 1971 – 2018 hat Addendum die Temperaturen von 1971 und 2000 als Ausgangspunkt gewählt und und diese in etwa in drei gleich große Gruppen geteilt – kalt, normal, warm. Der Vergleich mit den Höchsttemperaturen der Periode 2008-2018 hebt hervor, wie der Anteil der als „warm“ eingestuften Tage von 32 auf 51 Prozent stieg.
Die ZAMG, das Grazer Wegener Center für Klima und globalen Wandel sowie die Universität Salzburg haben in einem umfassenden Projekt berechnet, wie sich die wichtigsten Klimaindizes in der nächsten Generation verändern. Die Modelle haben die Wissenschafter für zwei Zeiträume ausgewertet und für zwei Szenarien analysiert: Für die nächste Generation von 2021 – 2050 sowie für das Klima in den nächsten 50 Jahren von 2071 – 2100. Ein Szenario mit gleichbleibenden Treibhausgasemmissionen (+ 4,5 Grad Celsius) sowie einem Szenario mit Einhaltung der Pariser Klimaziele (+ 1,3 Grad Celsius). In Graz soll die mittlere Sommertemperatur um rund 4,0 Grad Celsius steigen:
In Hitzetagen berechnet bedeutet das für die Stadt Graz, dass mit Klimaschutzmaßnahmen (Pariser Abkommen) mit einer Zunahme der Hitzetage zwischen 4-9 Tagen zu rechnen ist und ohne Klimaschutzmaßnahmen (Business-as-usual-Szenario) ist mit einer Zunahme um 19 – 43 Hitzetagen zu rechnen:
Im Artikel der Kleinen Zeitung vom 22. Juli 2022 mit der Überschrift „Was Graz gegen die Hitze in der Stadt plant“ wurden seitens der für Umwelt und Klima zuständigen Vizebürgermeisterin Judith Schwentner nun verkündet, dass ihre vor der Wahl propagierte Agenda der „Grünen Meilen“ nur mehr mittelfristiges Ziel sei. Diese Versprechen kennt der Bezirksrat Jakomini nun seit fast 10 Jahren. Dies betrifft vor allem den Jakominiplatz und den Messeplatz, die beiden übelsten Hitzepole in unserem Bezirk, wo die Versiegelung am größten, der Baumbestand am geringsten und die Platztemperaturen an heißen Sommertagen am höchsten sind. Am Jakominiplatz, wo sich täglich mehr als 100.000 Menschen aufhalten und auf den Bus oder die Straßenbahn warten müssen, haben die Fachleute eine
Oberflächentemperatur von 60 Grad gemessen. Anhand der bisherigen stadtklimatischen Veränderungen ist schon jetzt mehr als dringlicher Handlungsbedarf gegeben. Betrachtet man die Klimaszenarien für die Zukunft so haben wir schon jetzt die Dringlichkeitsstufe rot für umfassende stadtklimatische Maßnahmenpakete überschritten.
Auch die anderen Platzrevitalisierungen wie zum Beispiel der Dietrichsteionplatz, der Ortweinplatz, der Platz ohne Namen, der Augartlplatz beim Museum der Wahrnehmung oder der Wielandplatz, wo seit Jahren Pläne und Entwürfe aufliegen, liegen derzeit in der Warteschleife. Zusammenfassen kann man nur sagen, dass die derzeitigen Maßnahmenpakete nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stadtstein sind und von nachhaltiger Stadtklimapolitik weiter denn je entfernt sind. Der Bezirksrat Jakomini wird mit dieser Agenda in einer der nächsten Sitzungen befasst werden, um seitens der Stadt Graz zu erfahren, ob und wann diese Platzgestaltungen nunmehr durchgeführt werden. Wir werden in weiteren Blogartikeln detaillierte Informationen zu den für den Bezirk Jakomini dringend notwendigen stadtklimatischen Platzgestaltungen veröffentlichen.